Der Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie Christian Felber präsentierte seine Ideen in Marburg
Ein Wochenende ganz im Zeichen der Gemeinwohl-Ökonomie. Der Initiator und Gründer der Gemeinwohl-Ökonomie stellte im überfüllten Kinosaal in Marburg seine Ideen der alternativen Wirtschaftsform vor. Dabei stellte er das Wirtschaftssystem buchstäblich auf den Kopf. „Die tragenden Säulen der Gemeinwohl-Ökonomie sind dabei nicht „neu“, sondern zeitlose Werte und sogar Verfassungsziele.“, wie Felber in seinem Vortrag verdeutlicht.
Werte wie Menschenwürde, Solidarität, Transparenz und ökologische Nachhaltigkeit spielen deshalb die zentrale Rolle in seiner Idee. Zukünftig könnte der „Erfolg“ eines Unternehmens, sein Beitrag zum Gemeinwohl, mit einer „Gemeinwohl-Bilanz“ gemessen und somit auch brennende Fragen unserer Gesellschaft thematisiert werden. Aber auch Kommunen können ihren Beitrag dazu leisten und sich nach den definierten Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie „Bilanzieren“ lassen.
Die nachfolgende Tagung fand auf Hofgut Fleckenbühl statt, die für ihr nachhaltiges, ökologisches und gemeinwohlorientiertes Unternehmen den Nachhaltigkeitspreis 2017 erhalten haben. Der Preis wurde letztes Jahr zum ersten Mal verliehen und wird von den Landkreisen Marburg-Biedenkopf und Waldeck-Frankenberg sowie dem Initiator des Preises Region Burgwald-Ederbergland gestiftet. Der Frankenberger Bürgermeister Rüdiger Heß, auch Vorsitzender der Region Burgwald-Ederbergland, erklärte wie sehr sich die Region der Idee des Gemeinwohl verschrieben hat und er sich gemeinsam mit dem Regionalmanger Stefan Schulte dafür einsetzt diese Bewegung weiterzutragen und voranzubringen. Dass sie dabei den Nerv der Menschen treffen, zeigt, dass über 200 Besucherinnen und Besucher auf das Hofgut gekommen sind, um sich über Gemeinwohl-Ökonomie zu informieren und die anderen Referenten zu dem Thema zu hören. Prof. Hennig Austmann aus Hannover stellte Transition Town-Initiativen vor und verdeutliche auf inspirierende Weise, wie Veränderungsprozesse gelingen können, wenn alle Bewohner eines Dorfes an einem Strang ziehen.
Erfolgreiches Gutscheinsystem
Christian Gelleri erläuterte ein erfolgreiches Gutscheinsystem. Der Chiemgauer ist eine regionale Währung, die die Wertschöpfung in der Region belässt und zeigte anhand einiger Beispiele, dass dieses System sich gerade für kleinere Unternehmen lohnt. Durch die Workshops hatten die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer die Möglichkeit ihr Wissen zu vertiefen und neue Impulse zu den Themen Selbstversorgung, Klimabonussystem oder zu Beteiligungsmodellen in der ökologischen Landwirtschaft zu erhalten. Neben den Vorträgen und Workshops ging es im letzten Teil der Konferenz um die konkrete Umsetzung. „Was kann ich vor Ort zu“ und wie kann ich Mitstreiter für die Aktion oder Initiative finden. Schnell zeigte sich, dass sobald Probleme oder Wünsche angesprochen wurden, sich Gleichgesinnte fanden, die bereit sind zu engagieren. So konnte man am Ende der Konferenz in viele zufriedene Gesichter schauen, wobei die gute Atmosphäre auf dem Hofgut und das Essen einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Sowohl Teilnehmer als auch die Veranstalter waren sich einig. Das Wochenende war ein voller Erfolg und „die Weichen für die Konferenz im nächsten Jahr sind gestellt.“, wie Schulte in seinen Abschlussworten verkünden konnte.
Veranstalter sind die Region Burgwald-Ederbergland e.V., die Stadt Frankenberg (Eder), die Regionalgruppe Gemeinwohlökonomie Lahn-Eder mit freundlicher Unterstützung der Landkreise Marburg-Biedenkopf und Waldeck-Frankenberg sowie der Universitätsstadt Marburg. Gefördert wurde die Regionalkonferenz mit LEADER-Mitteln der Europäischen Union. Die Region Marburger Land ist ebenfalls mit einer kleineren Summe beteiligt.
Hintergrund Gemeinwohl-Ökonomie
Der „Gesamtprozess Gemeinwohl-Ökonomie“ startete 2010 in Wien mit einem Dutzend klein- und mittelständischer Unternehmen. Mitte 2017 unterstützen 2300 Unternehmen aus 40 Staaten die Bewegung, rund 400 haben die Gemeinwohl-Bilanz freiwillig erstellt. Darunter so unterschiedliche Unternehmen wie die Sparda Bank München, der Outdoor-Ausrüster VAUDE oder der Waldviertler Kräutertee-Hersteller Sonnentor. Inzwischen haben sich auch Gemeinden in Valencia (Spanien), Mäder und Nenzing (Österreich) und Stuttgart befindet sich gerade auf dem Weg.